Foto von Bri Tucker auf Unsplash
Warum ziehen sich manche Freunde in Deiner Trauer auf einmal zurück? Wo bleiben die Menschen, von denen du dachtest, sie wären immer für Dich da? Und wo findest Du dann Unterstützung in der Trauer?
Immer wieder berichten mir Menschen in Trauer, dass sich Freunde und Freundschaften während der Trauer verändert haben. Oder sich der Freundeskreis halbiert hat. Oder dass die Menschen, von denen sie die meiste Unterstützung erhofft hatten sich nicht mehr gemeldet haben.
Woran liegt das und wie geht man damit um?
Generell gilt für alle Veränderungen im Leben, dass sie eine Entwicklung mit sich bringen. Wir lernen etwas Neues dazu, wir haben auf einmal andere Gefühle als vorher oder beschäftigen uns mit anderen Themen. Weil wir es müssen oder weil wir es wollen.
Was das Thema Trauer so schwierig macht ist, dass es uns alle etwas angeht
- Es erinnert den/die andere*n wahrscheinlich an einen eigenen Verlust, der sehr schmerzlich war
- an einen unverarbeiteten Verlust und das Auseinandersetzen damit würde die eigenen verdrängten Gefühle hochbringen
- an die eigene Endlichkeit, den eigenen Tod
- daran, dass er/sie keine Lösung für Dich hat und nichts sagen oder tun kann um Deinen Verlust rückgängig zu machen
Ein Beispiel: Mein Vater hatte damals einen Schlaganfall, der ihn so lähmte und in Mitleidenschaft zog, dass er sechs Monate später verstarb. Einige wenige Jahre später hatte die Mutter eine Freundin ebenfalls einen Schlaganfall. Meine Freundin fühlte sich von mir nicht ausreichend unterstützt und sagte mir irgendwann „Gerade Du weisst doch, wie sich das anfühlt“.
Kommunikation at its best! Not.
Ich war zutiefst gekränkt, denn dass sie unser Leid und unsere Erfahrung so verglich war für mich unmöglich. Ihre Mutter war nach ein paar Tagen wieder Zuhause, mein Vater auf dem Friedhof. Und wir keine Freunde mehr.
Natürlich war es ein Hilferuf von ihr, den ich aber aufgrund meiner eigenen Emotionen damals nicht hören konnte.
Wie geht man damit um?
Wenn sich jemand von Dir zurückzieht, dann kannst Du einfach fragen warum. Wenn Du eine ehrliche Antwort bekommst, bspw „Ich weiss nicht, was ich Dir sagen oder wie ich Dir helfen kann“, dann kannst Du einfach sagen wie Du Dir Unterstützung wünschst. Vielleicht reicht es Dir, dass Ihr zusammen einen Spaziergang macht oder mal wieder euren Lieblingsfilm schaut… Dem anderen wird so der Druck genommen etwas leisten zu müssen, was nicht möglich ist.
Es wird Menschen geben, die mit Gefühlsthemen nicht gut umgehen können oder wollen. Dann ist das auch ok. Hier darfst Du respektieren, dass sie nicht in der Lage sind gerade bei Dir zu sein. Ich weiss, das schmerzt, aber genauso wird es Menschen geben, die vielleicht vorher nicht auf Deinem Radar waren, die aber genau wissen wie sie Dich unterstützen können.
Wichtig ist, dass Du Unterstützung bekommst wie sie wertvoll für Dich ist und das muss für beide Seiten passen. Konzentriere Dich daher auf die Menschen, die da sind und da sein wollen.
Das ist nicht böse oder wertend gemeint. Jeder darf für sich sorgen. Und wenn ich über meine Grenzen gehen müsste, um jemanden mit etwas zu unterstützen mit dem ich selbst nicht klarkomme, dann darf ich das sagen und meine Grenzen wahren. Ich kann nur unterstützen und Hilfe geben, wenn ich gut für mich selbst sorge. Ein Auto ohne Benzin wird mich nirgendwo hinbringen.
>>>Lies hier weiter: Was Du jemandem sagen kannst, der trauert
Dieser Artikel ist auch erschienen als Gastartikel von Alexandra im „Not another woman magazine„