Ich vergleiche den Sterbeprozess ja immer gerne mit dem Geburtsprozess. Ist eine Frau schwanger, ist allen klar, was nun passiert: Untersuchungen, Zimmer einrichten, Farben aussuchen, Kranken-/Geburtshäuser ansehen, eine Hebamme suchen, Mutterschutz beantragen, Geburtsvorbereitungskurs, ggf. Yoga, Massage, Akupunktur für Schwangere, „Baby Shower“, ein letztes Mal als Paar essen gehen, ins Kino etc., Tasche packen u.v.m.

Doch wenn jemand stirbt verfallen viele von uns in Panik, sind überfordert, haben keine Ahnung was als nächstes zu tun ist oder was der nächste sinnvolle Schritt sein könnte. Auch überrascht uns der Tod häufig. Wir sind hin und her gerissen zwischen begleiten, pflegen, verabschieden oder doch nochmal einen Heilungsversuch wollen… Und das ist ganz normal, denn wir lernen nicht, was beim Sterben gebraucht wird, wie es überhaupt abläuft, wie man sich verabschiedet, wie man begleitet… Niemand sagt es uns.

Die richtigen Worte finden

Wenn also klar ist, dass wir jemanden verlieren werden, wenn jemand ins Hospiz kommt oder die Ärzte sagen, dass sie nichts mehr tun können, was sagen wir dann?

Wir haben oftmals so viel Angst das Falsche zu sagen, dass wir lieber gar nichts sagen. Die berühmten Freunde, die sich dann zurückziehen, weil sie mit der Situation nicht umgehen können. Das ist aber sehr schade, denn oftmals gibt es im Sterben keine 2. Chance zu sagen, was man eigentlich noch gerne gesagt hätte.

Aber warum drücken wir nicht einfach aus, dass wir nicht wissen, was wir sagen sollen? Warum stellen wir die Verbindung nicht her über das, was alle in so einer Situation betrifft: Das „Ich weiß es auch nicht“.

Wir haben verlernt Schwäche zu zeigen. Wir glauben, wir müssen in jeder Situation genau wissen, was zu tun ist. Wir müssen „die perfekten Worte“ haben, die im Idealfall auch noch trösten oder „die Situation besser machen“, also den Sterbenden retten könnten. Da das unmöglich ist, haben wir auch keine Worte.

Die Schwäche, die Angst teilen

Ich habe hier ein paar Ideen, die man Sterbenden sagen oder schreiben kann. Oder vielleicht auch Menschen, die erstmal von einer schlimmen Krankheit betroffen sind:

„Ich/wir denke/n an Dich“

„Ich hoffe, heute ist einer der besseren Tage“

„Ich hätte so viel zu sagen, aber ich weiß nicht wie“

„Es ist schwer die richtigen Worte zu finden, wenn jemand, den man mag/liebt so etwas durchmacht“

„Du bist immer noch dieselbe tolle/inspirierende/liebevolle/…. Person, die Du immer schon warst“

„Ich wollte nur Hallo sagen und dass ich an Dich denke“

„Heute war ich an unserem Lieblingsort und habe mich an die vielen tollen Momente erinnert, die wir dort verbracht haben“

„In meinen Gedanken umarme ich Dich gerade“

Bewunderung, Lob und Dankeschön

Viele Sterbende lassen ihr Leben Revue passieren. Was war gut, was war schlecht, womit habe ich Frieden gemacht, was ist noch unerledigt?
Wäre es da nicht schön eine Bewunderung, ein Lob oder ein Dankeschön zu bekommen für etwas, das wir getan haben?

Erinnere Dich mal an eine Person, die Dich inspiriert hat oder in schlechten Zeiten für Dich da war. Vielleicht ein (ehemaliger) Kollege, ein Lehrer, ein Onkel, die Eltern von Freunden oder jemand aus der eigenen Familie. Oftmals waren das sehr kleine Gesten, die uns aber schwer beeindruckt oder uns sogar geholfen haben. Wenn diese Person nun im Sterben liegen würde, wäre es nicht wunderbar jetzt nochmal Deine Bewunderung oder Deinen Dank auszusprechen? Das kannst Du persönlich tun oder in einer Karte oder einem Brief. Nimm den Fokus weg von dem was gerade traurig macht und lege ihn auf das, was erreicht wurde, was geschafft wurde, was für Dich von Bedeutung war.

„Ohne Dich hätte ich nie gelernt wie man…“

„Ohne Dich hätte ich nicht verstanden, dass….“

„Du hast mir beigebracht wie man…“

Am wichtigsten ist, dass Du Dich traust. Wir haben alle nur ein Leben, lass es nicht von Angst und Scham bestimmt sein.

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